Damit Proteine ihre vielfältigen Funktionen im menschlichen Körper erfüllen können, brauchen sie Informationen von der DNA. Um diese auslesen zu können, müssen sie direkt mit der DNA in Kontakt kommen. Welche Proteine in lebenden Zellen direkt an das DNA-Molekül binden, war bislang schwer systematisch zu untersuchen. Ein Team von TUM-Forschenden hat nun eine Methode entwickelt, um direkte Protein-DNA-Interaktion für fast zweitausend Proteine gleichzeitig nachzuweisen. Ihre Ergebnisse haben sie in einer Studie in „Cell“ veröffentlicht.
So wird Schwarzlicht in der Proteomik eingesetzt
Langwelliges UV-Licht, das als Schwarzlicht aus Bars und Diskotheken gut bekannt ist, ist auch in der Forschung nützlich. Dr. Jakob Trendel, Erstautor der Studie und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Proteomik und Bioanalytik von Bernhard Küster, erklärt: „UV-Licht mit niedriger Wellenlänge wird von Proteinen, DNA und RNA stark absorbiert und ist daher schnell schädlich für die Struktur einer Zelle. Langwelligeres UV-Licht ist weitaus weniger schädlich für Biomoleküle und kann daher in sehr hohen Intensitäten verwendet werden.“
Dafür verwenden Trendel und sein Team eine LED-basierte Schwarzlichtlampe und einen künstlichen Baustein der DNA. Zellkulturen bauen diesen Baustein in ihre DNA-Moleküle ein, das Schwarzlicht aktiviert diesen, ohne den Zellen zu schaden. Das eröffnet neue Möglichkeiten für künftige Untersuchungen, weil DNA-bindende Proteine in ihrer natürlichen Umgebung erforscht werden können.
DNA-Anhängsel verrät Kontakt in lebenden Zellen
Doch wie sorgt das Licht nun dafür, dass der Kontakt von DNA und Protein nachgewiesen werden kann? Jakob Trendel erklärt: „Wir füttern Zellen einen künstlichen Baustein der DNA, den wir mit Schwarzlicht aktivieren können. Proteine, die direkt an die DNA binden, werden dadurch mit ihr verknüpft. In unserer Messung sehen wir, dass manche Proteine dadurch plötzlich ein Stückchen DNA an sich tragen. Das ist für uns der Nachweis für den Kontakt und zeigt uns zudem, welchen Teil der Peptidsequenz ein Protein für diesen Kontakt verwendet hat.“
Reaktion hunderter Proteine an Brustkrebs-DNA entdeckt
Das Forschungsteam hat das Verfahren bereits an Brustkrebszellen im Labor getestet. Diese reagieren auf Östrogen, indem ein spezialisiertes Rezeptorprotein das Hormon erkennt, an die DNA bindet, und genetische Programme aktiviert. Neben diesem Protein konnten die Forschenden die DNA-Bindung 1800 weiterer Proteine feststellen, von welchen über hundert auf das Hormonsignal reagierten. Nun können diese Zusammenhänge nicht nur mit Östrogen, sondern auch mit ganz anderen Wirkstoffen untersucht werden.
Zu den Möglichkeiten, die sich dadurch eröffnen, sagt Jakob Trendel: „Wir werden die Methode in Zukunft verwenden, um den Effekt von Chemotherapeutika auf Krebszellen zu untersuchen und zu verbessern. Neben Stoffen, die DNA aktiv schädigen, sind dabei vor allem epigenetische Wirkstoffe interessant. Deren Ziel ist es, DNA-Bindung durch chemische Modifikationen an DNA oder Proteinen zu verändern.“
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Die Original-Veröffentlichung: The human proteome with direct physical access to DNA. Cell May 22, 2025 (open access). DOI: 10.1016/j.cell.2025.04.037